Abendmahl und Urwald
Stellt euch vor, ihr sollt für eine unübersehbare Zeit durch den Urwald ziehen. Ihr wisst nicht, was euch erwartet, welche Gefahren auf euch lauern, welchen Menschen ihr begegnet usw. Aber damit ihr die Aufgabe bewältigen könnt, dürft ihr drei Personen mitnehmen. Für wen würdet ihr euch entscheiden? Wer kann am besten helfen, durch diesen unbekannten Urwald durchzukommen?
Ich würde für mich sagen: Ich nehme eine Geologin mit, die die Orientierung behält, einen Kampfsportler, der mit möglichst vielen Gefahren gleichzeitig klarkommt, und eine Sprachwissenschaftlerin, damit man sich im Zweifelsfall verständigen kann. Wen würdet ihr mitnehmen?
Jesus war in einer vergleichbaren Situation! Aber er hat nicht gefragt, mit welchem Personal kann ich wohl meine Botschaft am Besten, am Schnellsten, am Optimalsten umsetzen, sondern er hat die Menschen genommen, wie sie sind: Judas, der ihn verriet, Petrus, der ihn verleugnete, die beiden Söhne des Zebedäus, die gerne Erfolg und Anerkennung haben wollten, usw. Das ist schon eine verrückte Entscheidung: sich nicht an die Größten und Stärksten und Tollsten zu halten, sondern an ganz normale Menschen wie du und ich. Das setzt voraus, dass man der Botschaft, dem Evangelium, dem guten Wort alles zutraut und davon überzeugt ist, dass die Zukunft des Wortes nicht daran hängt, wie toll die Menschen sind, die das Wort weitergeben, sondern wie toll das Wort ist, das von jedem Menschen gehört und weitergegen werden kann!
So muss man das Abendmahl verstehen! Als Jesus ahnte, dass das Ende nahe kommt, hat er nicht die tollsten Typen genommen, sondern seine Freunde, und hat ihnen Brot und Wein mitgegeben, eine Feier also und ein Wort, das durch alle Zeiten hindurch bis heute seine Gegenwart verheißt, sein Dabeibleiben, sein Helfen und Trösten. Und dieses Wort, diese Zusage hängt nicht daran, dass wir besonders toll durch den Urwald kommen, sondern dass wir nicht vergessen, von wem wir dieses Wort haben und wer uns im Leben helfen will.
(Thies Gundlach, EKD)
Abendmahl mit Kindern feiern?
Wer getauft ist, gehört zur Kirche. Und wer zur Kirche gehört, ist eingeladen, das Abendmahl mit zu feiern. Das gilt für Groß und Klein. In unseren Gemeinde Heftrich und Bermbach laden wir deswegen Kinder ab dem Schulalter ein, am Abendmahl teilzunehmen. Auch jüngere Kinder können ihre Eltern zum Altar begleiten und werden dort mit einem Kreuzzeichen auf der Stirn gesegnet.
Übrigens war das Abendmahl für Kinder über viele Jahrhunderte selbstverständlich. Dort wo wir in der frühen Kirche etwas über die Taufe von Kindern hören, ist es die Regel, dass diese Kinder auch das Abendmahl empfangen. Der Kirchenvater Augustinus schreibt: „Es sind Kinder, aber sie werden zu Gliedern von Christus. Es sind Kinder, aber sie empfangen seine Sakramente. Es sind Kinder, aber sie werden zu seinen Tischgenossen, damit sie das Leben haben.“Erst im 13. Jahrhundert wurde eine Altersgrenze eingeführt. Nach der Reformation bürgerte sich die Konfirmation als Mindestalter ein. Heute laden wir wieder auch Kinder und Jugendliche vor der Konfirmation zum Abendmahl ein.
Jesus lädt ein
Jesus selbst lädt uns zum Abendmahl ein und wir im Brot und im Saft der Trauben können wir spüren, dass er uns nahe. Er sieht unseren Stärken, aber auch unsere Schwächen und unsere Schuld. Und steht trotzdem zu uns.Gott schenkt uns, was wir zum Leben brauchen und lässt uns nicht allein: „Wenn ihr in meinem Namen zusammenkommt, dann will ich bei euch sein.“ Ein Stück Brot und einen Schluck Traubensaft - sie zeigen, dass Jesus Christus für uns da ist. Er hat sich mit seinem Leben für uns eingesetzt. Er nimmt uns an, wie wir sind. Durch ihn gehören wir zu Gott - auch wenn wir Gott (einmal) vergessen haben sollten. Das Abendmahl kann uns froh machen und uns neue Kraft geben.
Vom Nehmen des Heiligen Abendmahls
Jesus spricht: „Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel gekommen ist. Wer von diesem Brot isst, der wird leben in Ewigkeit. Und dieses Brot ist mein Fleisch, das ich geben werde für das Leben der Welt.“ (Joh 6, 51)
Im Abendmahl schenkt sich Christus uns in, mit und unter Brot und Wein. Zum Empfang der Hostie streckt der / die Gläubige – soweit möglich – die linke geöffnete Hand etwa in Herzhöhe aus und unterstützt diese mit der rechten Hand, so dass beide Hände gleichsam einen Thron bilden (Cyrill v. Jerusalem) für den Herrn. Diese Haltung soll zu einer deutlichen Geste des Empfangens werden. Wichtig dafür ist die innere Vorbereitung, denn jede äußerliche Geste ist hohl, wenn sie nicht das ausdrücken kann, was im Menschen lebendig ist.
Es kann helfen, wenn ich mir beim Gang von meinem Sitzplatz zum Ort der Austeilung die Szene des Mannes mit der verdorrten Hand vorstelle: Einmal saß ein Mann in der Synagoge, dessen Hand verdorrt war. Da sagte Jesus zu ihm: Steh auf und stell dich in die Mitte! Und er sagte zu dem Mann: Streck deine Hand aus! Er streckte sie aus und seine Hand war wieder gesund. (vgl. Mk 3,1-6) Tatsächlich begeben wir uns ja meistens ins Zentrum der Kirche, um unserem Herrn im Abendmahl zu begegnen.
Ohne mich von anderen Dingen ablenken zu lassen, warte ich geduldig und gesammelt bis die Reihe an mich kommt. Der Pfarrer / die Pfarrerin / der Liturg / die Liturgin zeigt mir nun die Hostie mit den Worten: „Nimm und iß vom Brot des Lebens - Christi Leib – für dich gegeben“, worauf ich deutlich antworte: „Amen“, was heißt: Ja, so ist es. Es ist dies ein kleines Glaubensbekenntnis, eine Unterschrift, die ich gebe, um zu bestätigen, dass Jesus Christus, der Sohn Gottes und Erlöser mit seiner heilenden und erlösenden Kraft im Abendmahl gegenwärtig ist.
Danach reicht mir der Pfarrer / Liturg den Kelch mit den Worten „Nimm und trink vom Kelch des Heils – Christi Blut – für dich vergossen“. Auch hierauf antworte ich mit „Amen“ als Bestätigung und Zustimmung. Das Trinken aus dem Gemeinschaftskelch nimmt uns hinein in die neue Gemeinschaft, die Jesus Christus gestiftet hat. Möglich ist ebenfalls die Form des Eintauchens der Hostie in den Kelch (sogenannte „intinctio“). Diese Form empfiehlt sich, wenn jemand zum Beispiel erkältet ist und aus Rücksicht auf andere nicht vom Kelch trinken möchte. Den Worten Jesu gemäßer ist allerdings das tatsächliche Trinken aus dem Kelch.
Durch den Empfang des heiligen Abendmahls nehme ich diese Erlösungstat Christi ganz bewusst für mein Leben an. Ich stimme zu, dass ich aus eigener Kraft heraus nicht mein Heil schaffen kann, sondern dass ich der Selbsthingabe Christi am Kreuz bedarf, damit mein Leben gelingen kann.
Wieder an meinem Platz angekommen, sammle ich mich und spüre der erlebbaren Nähe nach. Jetzt habe ich Zeit für ein stilles Gebet des Dankes und der Bitte.
Ich kann an Zachäus denken, der seiner Freude über die Einkehr Jesu bei ihm Ausdruck gab, indem er sagte: „Herr, die Hälfte meines Vermögens will ich den Armen geben, und wenn ich von jemand zu viel gefordert habe, gebe ich ihm das Vierfache zurück.“ Dann sagte Jesus zu ihm: „Heute ist diesem Haus das Heil geschenkt worden.“ (Lk 19,8f)